Digitale Welten Festival Rückblick 2 22
Beim Digitale Welten Festival 2022 entwickelten Jugendliche zwischen 10 und 18 Jahren wieder viele kreative und kritische Projekte. Vom 1. bis 3. Oktober fanden vier Workshops in Einrichtungen der Kinder- und Jugendarbeit in Frankfurt und Umgebung, dem Künstler*innenhaus Mousonturm und dem Jungen Museum Frankfurt statt.
Unter dem Motto “SAFE!?” nahmen wir mit den Teilnehmer*innen Wahrheiten, Widersprüchlichkeiten und Gestaltungsspielräume in unserer digital-analogen Welt unter die Lupe und stellten sie in Frage.
An den Festivaltagen stellten sich das Digitale Welten Team, die Jugendlichen und Workshopleiter*innen die Frage: Was ist gesetzt und was können wir noch ändern? In den verschiedenen Workshops wurden gemeinsam Interfaces gestaltet, Websites „gehackt“, Facefilter entwickelt, Zeichenroboter gebaut und Geheimsprachen und Codes für die Kommunikation zwischen Menschen und nicht-menschlichen Wesen untersucht.
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Im Workshop der Künstlerin, Designerin und Researcherin Anna-Luise Lorenz entwickelten die Teilnehmer*innen Geheimsprachen und Codes für die Kommunikation zwischen Maschinen und anderen Wesen und bauten hierfür brabbelnde, sich bewegende Objekte.
Der Workshop im Künstler*innenhaus Mousonturm begann mit einem Aufwärmspiel, bei dem die Jugendlichen mit einer App der Künstlerin eine KI-gestützte Flüsterpost durchgeführt haben. Zungenbrecher wurden eingesprochen und mittels Spracherkennung in Text umgewandelt. Anschließend hat eine synthetische Stimme diesen Text wieder ausgegeben, wodurch am Ende ein lustiger, verfremdeter “Sprach-Salat” entstand.
Danach diskutierten die Teilnehmer*innen über Sprache, Spracherkennung und Sprachsynthese und überlegten wo wir heute bereits von sprechenden und hörenden Objekten umgeben sind. Es wurde auch darüber nachgedacht, warum Dinge beispielsweise als „weiblich“ und „männlich“ kategorisiert werden, wenn sie doch eigentlich kein Geschlecht oder gar Körper haben haben.
Jetzt ging die Arbeit erst richtig los! Die Jugendlichen haben bunte Formen aus Papier und Stoff gebastelt und damit eine künstliche Intelligenz trainiert. Mittels der Onlineplattform Teachable Machine konnten sie Bildmodelle für die Bilderkennung erstellen. Durch die eigenständige Bearbeitung des Codes ihrer Bildmodelle konnten die Teilnehmenden daraufhin selbst aufgenommene Audios von Silben wie zum Beispiel “ung” oder “ra” mit den Papierformen verknüpfen. Wenn das Bildmodell über die Laptop-Kamera eine Form erkannt hat, wurde das entsprechende Audio abgespielt – Die Formen haben sprechen gelernt!
Im Workshop von Designer Alexander Roidl im Kinder- und Jugendhaus Fechenheim hinterfragten die Teilnehmer*innen die gängigen Darstellungsweisen von Informationen im Internet und schauten mit HTML und CSS hinter die Kulissen ihrer Lieblingswebseiten.
Hierbei stellten sie sich die Fragen: Was machen wir eigentlich, wenn wir online sind und was steckt hinter den gut bedienbaren und schön gestalteten Websites von Firmen, Stars und News-Kanälen?
Die Jugendlichen suchten ihre Lieblingselemente zusammen, veränderten lokal das Aussehen des “No-Internet-Connection” Dino Minigames und vieles mehr. Sie lernten, den Code zu lesen, aus dem das Internet gebaut ist, und ihn für die eigenen Experimente zu nutzen.
Außerdem zogen sie sich Motive aus dem Internet und bedruckten damit T-Shirts, die zusammen mit ihren digitalen Website-Kreationen als Ergebnisse präsentiert werden konnten.
Für alle Teilnehmer*innen, die keine 3 Tage Zeit hatten oder einfach nur mal in unser Festival reinschnuppern wollten, wurden zwei eintägige Kurzworkshops veranstaltet. Beide Workshops fanden jeweils zweimal an unterschiedlichen Orten statt.
Mit den drei niederländischen Künstler*innen Lisa, Esther und Neander vom Kollektiv Katpatat haben Teilnehmer*innen-Gruppen im Medien-Studio-Bornheim und im Jungen Museum Frankfurt jeweils einen Tag lang analoge und digitale Gesichtsmasken kreiert, mit denen sie ihre Identität zum Ausdruck bringen und gleichzeitig verschleiern können. Auf Englisch und Deutsch haben sich die Jugendlichen dabei mit Katpatat ausgetauscht: Warum sind so viele beliebte Facemask Apps unsicher? Wie kann ich meine Daten schützen, ohne dass ich auf das spielerische Ausdrücken und Transformieren meiner Identität verzichten muss? Letzterer Frage widmete sich der Workshop dann kreativ.
Die Teilnehmer*innen haben gemalt, geschnitten und geklebt und dabei z.B. Roboter, regenbogen-bunte Einhörner, abstrakte Formen, Versionen von Emoji und ein anthropomorphes Feuer erschaffen.
Der zweite Teil bestand aus zwei Stationen: Bei einer Station haben die Teilnehmer*innen an Tablets mit einer von den Künstler*innen entwickelten App ihre Masken fotografiert, bearbeitet, und zu Gesichtsfiltern umgewandelt. An der anderen Station testeten die Jugendlichen in Gruppen Sparks AR. Dabei wurde von Katpatat gezeigt, wie sich die Teilnehmer*innen vor dem Abgreifen ihrer Daten schützen können. Gemeinsam setzten sie dann die Bildersuche ein, um Dateien zu finden, die sie zu augmented reality (AR) Gesichtsfiltern verzerren konnten. Mit der Laptop Kamera wurden sie selbst zu Brokkoli- und Kartoffel-Köpfen. Schnell kamen die Jugendlichen auf die Idee, dasselbe mit gefundenen Bildern von bekannten Personen machen zu können. Dabei konnten die Jugendlichen herausfinden, wie ihre Daten zum Teil manipuliert werden können, wobei sie gleichzeitig einen Einblick in die Prozesse dahinter bekamen, was ihnen einen größeren Schutz ihrer Identität ermöglichte.
Im Workshop von den Niederländischen Künstlern Ibo Ibelings und Jelle Reith haben die Teilnehmer*innen im Jugendhaus Riedberg und im Jugend hackt Lab in der Stadtbibliothek Offenbach ihre eigenen Zeichenroboter programmiert.
Meistens nehmen wir an, dass Roboter nur in Laboren großer Technologiefirmen entstehen (können), und dass ihre Funktionsweise auf super kompliziertem Code basiert, den wir sowieso nie verstehen werden. Tatsächlich können aber mit einfachen Mitteln wie Sensoren, Motoren und Rädern Roboterfahrzeuge entwickelt werden, die wie Lebewesen auf Reize ihrer Umgebung reagieren – und zeichnen können.
Die Teilnehmer*innen haben spielerisch erfahren, wie Sensoren den Robotern dabei helfen, ihre Umwelt wahrzunehmen, und gelernt, diese entsprechend zu steuern. Dabei haben sie sich mit den dafür notwendigen elektronischen Grundlagen beschäftigt und eigenständig das Roboter-Verhalten programmiert. Jeder Roboter wurde individualisiert: Auf welche Art die Roboter die Welt erkunden sollen, konnten die Jugendlichen selbst überlegen – egal ob schüchtern, stürmisch oder wohl überlegt. Die kleinen Roboter hatten eine Halterung für Stifte und fuhren gemeinsam auf einer Leinwand am Boden umher: Somit entstanden Zeichnungen, die auf 1,5 m x 1,5 m zu einem großen Gesamtkunstwerk zusammenwuchsen.
Festival Ausstellung
Mit ihren Ausstellungsstücken bieteten die Teilnehmer*innen einen Enblick in die Entwicklung ihrer Projekte: Zum Beispiel hatte der Workshop “If you know what I mean?!” ihre Silben-Formen auf große Objekte montiert und sie mit Schnüren, Rollen und Halterungen bewegbar gemacht. So konnten die Besucher*innen selbst spielerisch erkunden, wie z.B. eine KI aus Silben Sprache entwickelt. Mit einer Smartphonekamera wurde das Objekt erkannt und die entsprechende Audio abgespielt. Ein Tablet mit Diktier-App hat gleichzeitig versucht, aus dem Silben-Chaos einen sinnhaften Text zu erstellen. Resultat: Absurd-lustige Brabbel-Texte!
Die Ausstellung zeigte außerdem die Zeichnungen der Battle Bits und die gebastelten Facemasks, die auch digital „anprobiert“ werden konnten. An einer Station konnten die gehackten Computerspiele aus dem Workshop “Hacking the web” gespielt werden und die von den Teilnehmer*innen bedruckten T-Shirts wurden ausgestellt.
Die Ausstellungseröffnung wurde mit Grußworten von unserer Schirmherrin Elke Voitl, der Künstlerischen Leiterin des NODE e.V. Jeanne Charlotte Vogt, den Festivalleiter*innen und Kurator*innen Anna Meik und Alexandra Waligorski und Leander Herzog, Vertreter des Festivals Politik im Freien Theater und des Künstler*innenhaus Mousonturm begonnen. Die Teilnehmenden erhielten ein Überraschungsgeschenk und ihre Teilnahmeurkunden. Mehr als 100 Besucher*innen besichtigten die Eröffnung von 18-23 Uhr.
Gestaltet wurde die Ausstellung vom Offenbacher Verein DIESE Kultur e.V.
Wir freuen uns außerdem sehr über die Unterstützung durch unsere Schirmherrin, die Stadträtin und Dezernentin für Soziales, Jugend, Familie und Senior*innen Elke Voitl.